Scouting-Legende Bob Engle ist Mentor des Gateway-Turniers, das in diesen Tagen zum dritten Mal in der Armin-Wolf-Arena stattfindet. Perfekte Bühne für junge Talente.
Meist sitzt er eher unscheinbar an einem der Tische auf der Terrasse. Schaut Spiele und Showcases an, macht sich Notizen. Wer etwas genauer hinsieht, bemerkt aber – selbst ohne zu wissen, wer da eigentlich sitzt – sehr schnell, dass dieser ältere Herr ganz offensichtlich deutlich mehr ist als ein äußerst interessierter Baseball-Fan.
Tatsächlich ist Bob Engle eine Legende im Baseball-Scouting. Martin Brunner, Leiter der Regensburger Baseball Academy und Coordinator European Development der MLB, sagt über ihn: „Bob ist ein wahrer internationaler Botschafter des Baseballs und die beste Ressource für die internationalen Spieler. Es ist uns eine Ehre, ihn als unsere Augen und Ohren für die Spieler zu haben, und wir sind stolz darauf, dass seine profunde Erfahrung der Veranstaltung Glaubwürdigkeit und Wert verleiht.“
Hoch dekorierte Scouting-Legende
Engle hat eine fast schon unendlich lange Karriere im professionellen Baseball hinter sich, ist einer der am höchsten dekorierten Scouts weltweit. Nach seiner Zeit als Spieler begann 1973 seine Karriere außerhalb des Spielfelds bei den Baltimore Orioles. Dies verschaffte ihm, wie er sich heute erinnert, eine großartige Grundlage für das Scouting, das er 46 Jahre lang in verschiedenen Funktionen fortführen sollte. Detroit, die Dodgers, Cincinatti sind nur einige seiner Stationen.
Engle erhielt einen Lifetime Achievement Award in Scouting und war an der Verpflichtung zahlreicher Spieler beteiligt, die es in „The Show“ schafften, darunter vier Cy Young Pitcher, drei davon für Toronto – Roy Halladay, Pat Hentgen und Chris Carpenter – sowie Felix Hernandex für Seattle. Während seiner langen Zeit in Toronto gewann er außerdem zwei World Series.
Hernandez erinnert sich an die erste Begegnung mit Bob Engle. „Ein toller Typ“, sagte Hernandez über den Scouting Guru. „Er beobachtete mich von einer Ecke der Akademie aus, mit einer halb abgenommenen Brille“ erzählte der MLB-Pitcher vor einiger Zeit dem amerikanischen Bleacher Report.
Einen besonderen Blick durch diese Brille hatte und hat Engle dabei immer für die internationale Entwicklung, für Spieler jenseits der USA. „Während meiner Karriere habe ich gesehen, dass Baseball weltweit gespielt wird, und Seattle konnte viele zukünftige Major-League-Spieler aus Lateinamerika, aber auch aus den Niederlanden, Italien, Korea, Nicaragua und den ersten Spieler aus El Salvador verpflichten.“
Die Internationalität hat in der MLB seit der aktiven Scouting-Karriere von Bob Engle an Bedeutung gewonnen. Und der erfahrene Engle ist eine wichtige Stimme für die Talente, gerade aus Europa. Deshalb liegt ihm auch am Gateway-Turnier besonders viel. Mit Freude hat Engle festgestellt, dass das Niveau des Turniers von Jahr zu Jahr steige.
Transparenz und Professionalität
In diesem Jahr findet noch bis einschließlich Freitag in der Regensburger Armin-Wolf-Arena die bereits dritte Auflage von Gateway statt. Ein Turnier, das es in dieser Art in Europa kein zweites Mal gibt. Martin Brunner hat Gateway erfunden. Die Idee dahinter: „Nirgendwo gibt es die Gelegenheit, die besten europäischen U18-Spieler so intensiv zu beobachten, so viele Spiele von ihnen in kurzer Zeit und an einem Ort zu sehen.“
Gateway will Transparenz in die europäischen Elitespieler bringen. In diesem Jahr treten dabei die U18-Nationalmannschaften von Deutschland und Tschechien, ein Allstar-Team aus verschiedenen Nationen und die Mannschaft der Regensburger Academy gegeneinander an. In letzterer sind auch Spieler vertreten, die in der Bundesliga für die Guggenberger Legionäre oder andere Vereine im Einsatz sind. Der Regensburger Elie Musoni gehört genauso dazu, wie Kilian Redle (aktuell Heideköpfe Heidenheim) oder Anderson Zambrano (Mannheim Tornados).
Perfekte Profile
Die Rahmenbedingungen sind hoch professionell. Bei jedem Spiel werden Analysen und Video-Feeds aus bis zu zehn Kameraperspektiven erfasst, Daten von Doppelradar-Systemen aufgezeichnet, Showcase-Tests durchgeführt und traditionelle Scouting-Berichte erstellt. Aus diesen Ergebnissen können Spielerprofile erstellt und direkt nach dem Event zugestellt werden.
Diese Profile sind die perfekte Grundlage, um Spieler zu präsentieren und sie für US-Colleges und Universitäten transparent zu machen. Genau darum geht es bei Gateway. Mit dem Turnier sollen, wie der Name schon sagt, Scouts und Talente zueinander finden.
MLB-Scouts auf der Tribüne
Der Plan geht ganz offensichtlich auf. Martin Brunner, ohnehin mit besten Kontakten in die Major League Baseball ausgestattet, berichtet von großen Interesse der Scouts aus Übersee. Wer genau da ist, will Brunner nicht verraten, die Scout-Szene lebt eben auch von Verschwiegenheit. Aber es sind große Namen aus der MLB darunter. Nicht ganz zufällig sind die Logos von Dodgers, Yankees, Phillies und anderen präsent.
Und nicht ganz zufällig sind die Träger dieser Logos immer wieder dabei zu beobachten, wie sie zu einem Tisch auf der Terrasse marschieren, um sich intensiv mit einem älteren Herrn auszutauschen, der ganz viele Notizen vor sich liegen hat.